WEA DICHDN WÜÜ (Wer dichten will)
Text, Musik und Arrangement: Kurt Obermair
Tontechnik: Christoph Filzwieser
Wenn ich einen Liedertext verfasse, überlege ich mir zuerst einmal, worauf es mir ankommt an einem Text – ich meine jetzt das Technische an der Texterei, nicht das Inhaltliche, das wäre wieder ein ganz anderes Thema (natürlich das wichtigere). Aber rein technisch kommt es mir hauptsächlich auf vier Dinge an:
1. Reime: Beim Reim geht es darum, dass am Ende des Verses eine bestimmte Anzahl gleicher Buchstaben steht.
Beispiel für einen „sauberen“ Reim:
Ich weiß nicht, was dahintersteckt,
dass mir der rote Wein nicht schmeckt.
Beispiel für einen „holprigen“ Reim:
Wenn jemand nicht gut reimen kann,
dann schlage ich sofort Alarm.
2. Metrik: Im Deutschen müssen die Wörter (anders als in den romanischen Sprachen wie etwa Spanisch) so betont werden, wie sie auch in Prosa betont würden. Ein negatives Beispiel wäre etwa:
Ich halt meinen Durst nicht mehr aus,
drum besuch ich jetzt ein Gasthaus.
3. Gerade bei Liedern (wo ja auch immer auf die „ablenkende“ Musik geachtet wird) sollen die Texte nicht allzu kompliziert sein, sondern möglichst klar hinüberkommen, möglichst keine Fremdwörter…
4. Wenn ein Text dann gesungen wird, sollen die Töne natürlich möglichst richtig sein, nicht zu tief und nicht zu hoch.
Ich habe diese Ansprüche zur Verdeutlichung auch vertont, deshalb brauche ich das oben Erwähnte gar nicht zu erzählen. Zu jedem der vier Punkte wird auch gleich eine entsprechende beispielhafte Strophe dazugeliefert, wie man es richtig macht.
Der Liedtext:
Wea dichdn wüü, dea muas wos hom, wos ned zum Leanan ged,
dea hod des seid da Wiige drinan oda ea hoz ned.
Drum huachz ma ia jo zua, damiz von mia wos leanan ghenz,
i sich scho ei, das ia fia mi fosd jedn Eindridd brenz.
Huachz eich des oo und daun mochzas genauso wia ii!
A Dexd, dea muas aso sei, das di Reime richdixan,
und wauni foesche Reime hea, daun schlogi glei Alarm.
Des is doch woe des Mindesde, dass man das Handwerk kann.
Waun ned amoe da Reim schdimd, is des gaunze fuachdboa lahm.
A Dexd, dea muas aso sei, das di Metrik imma basd,
waun di Metrik ned basd, was jo ghana, wos des jezd hasd.
Drum is mia des in des Versmaß Zwengen ja so verhasst,
des muas ma hoed üben one Ruhe und ohne Rast.
A Dexd, dea muas aso sei, das eam jeda glei ghabiad,
je bessa ma si ausghend, desdo bessa is des Liad.
Exemplifikationen expediern die Impetanz
mit exemplarisch impliziter Scheinsignifikanz.
Wea dichdn wüü, dea muas wos hom, wos ned zum Leanan ged,
dea hod des seid da Wiige drinan oda ea hoz ned.
Drum huachz ma ia jo zua, damiz von mia wos leanan ghenz,
i sich scho ei, das ia fia mi fosd jedn Eindridd brenz.
Huachz eich des oo und daun mochzas genauso wia ii!
A Dexd, dea muas aso sei, das die Töne richtixan,
wäu von de gaunzn foeschn Töne aggzebbdiari ghan.
Und waun a Ton zu diaf diaf is, jo daun rosdi richdig aus,
und waun a Ton zu hoch is, daun is des fia mich ein Graus!
A OEDA WEANA FIAGGA (Ein alter Wiener Fiaker)
Anonymus
Text (teils), Arrangement: Kurt Obermair
Tontechnik: Christoph Filzwieser
A OEDA WEANA FIAGGA (Ein alter Wiener Fiaker) Kurt Obermair, op. 08/7
I hob a boa ghoeschwoazze Robbm,
san eingschbaund in mein Jukkawong.
A Freid iss, wia de zwaa so drobbm,
des ghauni ghan Menschn ned song.
I schrei ho, ich schrei ho, i schrei hüsdahaho.
Und mochd da Hoo sein easdn Graara,
daun hebi mei Ghebbfal ind Hee.
I dudl oes Fuamaun, oes raara
und schnoezz mid da Beiddschn, juchhee.
(Ansage)
Und sobald der Kapaun frühmorgens zu krakelen beginnt,
hebt sich mein kleines Haupt empor in die vertikale Position.
Ich tirilliere mit Kopfstimme als extraordinärer Conducteur
und schnippe mit meiner Knute, juppidu.
Letzte Strophe (Kurt Obermair):
Und griagi vom Schdee a ghoez Nasal,
daun waami mas im Beisl drin.
I dringg mein Ghafee aus an Glasal,
das jeda glei was, weari bin.
I schrei ho, ich schrei ho, i schrei hüsdahaho.
DA SUBBAMEN (Der Supermann))
Text, Musik und Arrangement: Kurt Obermair
Tontechnik: Christoph Filzwieser
Ich mag es an Texten, wenn sie nicht lediglich eine einzige Aussage haben, sondern inhaltlich ambivalent sind.
Da gibt es etwa in Ottakring einen Typen, der sich als der Superman darstellt. Keine Angst vor nichts und niemand, nicht einmal vor der Polizei. Er berichtet aber auch, wie es ihm zuhause geht mit seiner Frau, wie es ihm in der Arbeit geht… und da ergibt sich gleich ein ganz anderes Bild.
DA SUBBAMEN (Dialekt)
Jo i bin da Subbamen des sechzenden Beziax.
Leidln sezz eich hea und saufz mid mia und mochz gha Quiax.
Wauni im Beziagg in jedes Beisl einegräu,
sauf ollas wos i griag, nua jo gha Minaräu.
Eigendlich bin i des feinsde Haus des wos ma ghend,
owa waun wea debbad wiad, daun lochda rone Zend.
Jo i bin da Subbamen des sechzenden Beziax.
Leidln sezz eich hea und saufz mid mia und mochz gha….
Zhaus bin i da Boss, gauns gloa, auf so wos hoedi sea.
Ghumz ma mi da Bfaunn, daun jogis hindda mia reinhea.
Maunchmoe wiaz so frech, dass mla Befeele gebm duad.
Gloaraweis hob i des lezde Wuadd und sog: „Is guad“…
Jo i bin da Subbamen des sechzenden Beziax.
Leidln sezz eich hea und saufz mid mia und mochz gha Quiax.
Sogd da Wiadd „Heasd Oeda, Schbeaschdund“, hoedi mi ned droo.
Waun de aundan hamge woen, faung i easd richdig oo.
Sezz eich hea rund schauz eich oo, wos i mia rolles drau.
Ghumd de Ghiwarei, daun hauchis oo und si is blau.
Jo i bin da Subbamen des sechzenden Beziax.
Leidln sezz eich hea und saufz mid mia und mochz gha….
In da Hoggn was a jeda, dasi maunchmoe beis,
jedazeid bereid, das i dem Lealing ane reis.
Hob mei gaunzes Lem no nia den Oaweizbloz valuan.
(Das mei Schef mei Voda ris – des hod mid dem nix zduan).
Jo i bin da Subbamen des sechzenden Beziax,
bis mei Frau mi obhoed…
und mi zhausbringd…
und i griax.…
DER SUPERMANN (deutsch)
Ja, ich bin der Supermann des sechzehnten Bezirkes.
Leute, nehmt doch Platz und trinkt mit mir und stellt euch nicht an.
Wenn ich im Bezirk jedwede Kneipe frequentiere,
trinke ich alles zur Verfügung Stehende,
nur um Gottes Willen kein Mineralwasser.
Eigentlich bin ich ja der tollste Bursche, den man hier kennt,
wenn jedoch jemand ungut wird, dann lacht er bald ohne seine Zähne.
Ja, ich bin der Supermann des sechzehnten Bezirkes.
Leute, nehmt doch Platz und trinkt mit mir und…
Zu Hause bin ich der Chef, versteht sich von selbst, von derlei halte ich viel.
Droht sie mir mit der Pfanne, jage ich sie hinter mir einher.
Bisweilen wird sie so ausfällig, dass sie mir Kommandos geben will.
Selbstredend habe ich das letzte Wort und reagiere mit: „Ist in Ordnung…“
Ja, ich bin der Supermann des sechzehnten Bezirkes.
Leute, nehmt doch Platz und trinkt mit mir und…
Sagt der Wirt „Lieber Herr, es ist Sperrstunde“, ignoriere ich das.
Wenn sich die anderen nach Hause begeben wollen, lege ich erst richtig los.
Setzt euch zu mir und registriert, was ich mir alles erlaube.
Kommt die Exekutive, hauche ich sie an, und sie ist sofort betütert.
Ja, ich bin der Supermann des sechzehnten Bezirkes.
Leute, nehmt doch Platz und trinkt mit mir und…
Am Arbeitsplatz wissen alle, dass ich bisweilen zubeiße,
jederzeit disponiert, dem Grünling eine Backpfeife zu verpassen.
Ich habe Zeit meines Lebens noch nie meinen Arbeitsplatz eingebüßt.
(Dass mein Vater mein Chef ist, tut da überhaupt nichts zur Sache).
Ja, ich bin der Supermann des sechzehnten Bezirkes
bis meine Frau mich abholt…
und mich zu Hause abliefert…
und…mich niedermacht
ER TRINKT KAN WEIN (Er trinkt keinen Wein)
Gerhard Bronner, Arrangement: Kurt Obermair
Tontechnik: Christoph Filzwieser
Gestaltung: Dietmar Kuprian
Als ich vor gut 40 Jahren nach Wien kam, hat mir im Gegensatz zu Salzburg fast alles gefallen. Nicht gefallen hat mir – das Wienerlied, was ich alles so gehört habe – und gerade Wien ist eine von drei Städten, die eine eigene Stadtmusik haben (mit Lissabon, Buenos Aires). Ich habe nicht akzeptiert, dass es in Wien nichts „Wertvolles“ geben soll, und habe zu graben begonnen, bin dabei sehr wohl auf sehr Schönes und musikalisch Wertvolles gestoßen.
Das folgende Lied ist eines des großartigen Gerhard Bronner. Sein Leben war wahrhaft abenteuerlich, und er war so ziemlich der einzige in seiner Familie, der nicht ermordet wurde.
Gerhard Bronner lebte zur Nazizeit zunächst in der Tschechoslowakei, teils als Fensterputzer, Kofferträger, Straßensänger unter dem falschen Namen Harry Braun – bis er trotzdem ausgewiesen wurde. An der Grenze ließ ihn ein gutmütiger Polizist laufen, natürlich ohne gültige Papiere. Sein Ziel war Palästina. Der abenteuerlichste Teil seiner Flucht war das Durchschwimmen der Donau, was sein Freund, mit dem er unterwegs war, nicht überlebt hat.
Der Text wirft ein sehr charakteristisches Licht auf Wien, wo man alles darf – mit einer Ausnahme: Man darf auf keinen Fall – nicht trinken, vor Allem nicht Wein trinken, eventuell sogar beim Heurigen. Und so einen abtrünnigen Wiener beschreibt Bronner im Lied „Er trinkt kan Wein“.
ER TRINKT KAN WEIN (Er trinkt keinen Wein)
Gerald Bronner, kleine Änderungen: Kurt Obermair, op. 07/5
Herr Alois Schmasal ist ein echter alter Wiener,
stammt teils aus Ottakring und teils stammt er aus Brünn.
Er ist Beamter und ein mittlerer Verdiener,
ist der Regierung treu, wurscht welches immer sei.
Er ist Familienoberhaupt, soweits die Gattin ihm erlaubt,
geht jeden Samstagabend weg ins kleine Beisl gleich ums Eck.
Er liest die Kronenzeitung pünktlich jeden Tag
und freut sich heut noch über unsern Staatsvertrag.
Er denkt so, wie ein Wiener soll, die Wienerstadt ist sein Idol,
und trotzdem fühlt er sich bei uns in Wien nicht wohl:
Er trinkt kan Wein, jo Sie hom richtig ghört,
ist das nicht unerhört? Er trinkt kan Wein.
Wie kann das sein? Da gibt es keinen Grund,
der Mensch is bummbbalxund und trinkt kan Wein.
Jedem Wiener tränt das Auge, stockt das Herz, der Zorn erglüht,
wenn er so einen verstockten Abstinenzler vor sich sieht.
Er trinkt kan Wein, lebt ohne Schwipps und Schwüü,
und so ein Sandler wüü ein Weana sein.
Natürlich lässt sich so ein Standpunkt nicht vertuschen,
ein so ein Mensch, dar kann zu Allem fähig sein.
Der Mann kann unser ganzes Wienertum verpfuschen,
das ist in unsrer Stadt der reinste Hochverrat.
Kein Mensch verkehrt mit ihm im Haus, die Stammtischrunde schloss ihn aus.
Desgleichen tat der Sparverein, die Gattin reicht die Scheidung ein.
Der arme Teufel wurde noch zu guter Letzt
von der Beförderung im Amt zurückgesetzt.
Auch die politischen Partein, die kamen sehr bald überein:
Der kann politisch nicht ganz zuverlässig sein.
Er trinkt kan Wein, obwohl er Wiener ist,
das muss ein Anarchist zumindest sein.
Er trinkt kan Wein. Was da dahintersteckt,
dass dem der Wein nicht schmeckt, das ist gemein.
Sogar der Steffl schaut böse auf ihn nieder,
es denkt sich still der stolze Dom:
Ein so ein Wiener, der nicht trinkt und nicht zur Schrammelmusi singt,
das nächste Weib küsst unbedingt, bis ihr der Gatte gleich zerspringt,
worauf er mit ihm freistilringt, bis man ihn auf die Wache bringt,
dort wird dem Wachmann eine gschmiert und der Inspektor insultiert,
worauf er nicht nur arretiert, sondern auch noch verprügelt wird,
worauf er noch mehr randaliert, bis man ihn holznarkotisiert.
Kurz: Einer, der nicht liebt Gesang und Weib – und ganz besonders Wein,
ein so ein Wiener kann kein echter, rechter, rescher, fescher,
lieber guter alter Weana sein!